Thaumetopoea processionea L.
Der nachstehende Text stützt sich auf Erfahrungsberichte aus den Kommunen Nürnberg, Stuttgart, Berlin, Mannheim und Hamburg.
Vorgeschichte
Seit Mitte der 1990er Jahre bereitet der Eichenprozessionsspinner in Süddeutschland den betroffenen Kommunen große Probleme, bei starkem Befallsanstieg nach dem extrem trocken-warmen Sommer 2003. Einerseits werden die heimischen Eichenarten beeinträchtigt, andererseits gefährden die Gifthaare der Raupen die Gesundheit der Menschen.
Schaderreger
Der Eichenprozessionsspinner ist ein sommeraktiver Nachtfalter. Anfang Mai schlüpfen die Jungraupen, die bis zur Verpuppung sechs Larvenstadien durchlaufen. Ab Stadium 3 (Mai/Juni) werden mikroskopisch feine Gifthaare mit hoher Haltbarkeit entwickelt. Sie besitzen Widerhaken, brechen leicht ab und können sich bei trockenem Wetter über weite Strecken verbreiten. Im späten Larvenstadium legen die Raupen die typischen Gespinstnester
in Astgabeln oder auf den Stämmen ab (Abb. 3), die nachts zur Nahrungsaufnahme in langen, mehrreihigen 'Prozessionen' verlassen werden. Die Verpuppung erfolgt in diesen Raupennestern, in denen sich die gefährlichen Haare befinden, die über lange Zeit Ihre allergische Wirkungen behalten.Die Eichen besitzen ein hohes Regenerationsvermögen, weshalb selbst bei Kahlfraß (Abb. 1) eher geringe Schäden bleiben. Zu Vitalitätseinbußen führen erst mehrmalige Kalamitäten in Folge.
Von weitaus größerer Bedeutung sind die gesundheitlichen Gefahren, die für den Menschen von den Gifthaaren ausgehen. Sie lösen starke allergische Reaktionen aus.
Folgende Krankheitserscheinungen können auftreten:
- Juckende, entzündliche Hautreaktionen: Besonders betroffen sind dünne Hautpartien im Gesicht, am Hals und an den Arminnenseiten. Diese Hautreaktionen dauern ca. 7-14 Tage, wobei alle Hautpartien betroffen sein können, die nicht geschützt waren.
- Entzündungen der Atemwege: Die Gifthaare sind lungengängig. Es kann zu Entzündungen im Rachenraum, zu Schwellungen der Nasenschleimhäute, zu Bronchitis, zu asthmatischen Symptomen bis hin zum allergischen Schock kommen.
- Entzündungen der Augen: Es können Bindehautentzündungen, Schwellungen der Augenlider etc. auftreten. Dringen die Gifthaare ins Augeninnere ein, kann dies zu schweren Entzündungen führen.
- Alle Krankheitserscheinungen können von Schwindel, Fieber, Müdigkeit und allgemeinem Krankheitsgefühl begleitet sein. Daher sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht und auf den Kontakt mit den Raupenhaaren hingewiesen werden sollte.
Gegenmaßnahmen
Neben dem Einsatz von Bioziden, z.B. mit dem Wirkstoff Diflubenzuron, gibt es weitere Bekämpfungsmaßnahmen:
- Vermeidung bzw. Sperrung von befallenen Arealen:
- Diese wirkungsvolle Maßnahme ist in Städten schwer durchzusetzen, da sie ein hohes Maß an Aufklärungsarbeit und intensiver Bürgerinformationen erfordert
- Mechanische Bekämpfung:
- Entfernung der Nester durch Wasserstrahl oder Abflammen
- Absaugen der wandernden Raupen (Abb. 2)
- Anbringung von Leimstreifen am Baumstamm
- Einsatz von Bindemitteln
- Entfernung der verlassenen Nester
- Biologische Bekämpfung:
- Ausbringung von Bacillus thuringiensis var. kurstaki
Bekämpfung
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Konsequenzen für die Kommunen
Da alle Bekämpfungsmethoden Vor- und Nachteile haben, werden in vielen Kommunen unterschiedliche Maßnahmen gleichzeitig angewendet. In Nürnberg und Berlin werden ausschließlich die verschiedenen mechanischen, in Stuttgart und Mannheim sowohl mechanische als auch biologische Bekämpfungsmethoden angewandt. In den genannten Kommunen wird die Ausführung überwiegend an Fremdfirmen vergeben.
Nürnberg und Stuttgart haben einen großen Bestand an einheimischen Eichen und leider auch einen hohen Befall des EPS zu verzeichnen, sodass hier jährlich erhebliche Haushaltsmittel für die Bekämpfung bereitgestellt werden müssen. In Stuttgart werden derzeit die befallenen Eichen kartiert, damit die Bekämpfung im Frühjahr schneller und gezielter erfolgen kann.
Für eine rechtzeitige Bekämpfung müssen die betroffene Kommune schon im Mai einen hohen Kontrollaufwand betreiben. Eine intensive Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld ist unverzichtbar und oftmals sind auch zeitaufwendige Erläuterungen vor Ort notwendig. Die Stadt Stuttgart hat hierzu eigens ein Flugblatt zur Bürgerinformation erarbeitet, das über die Bezirksämter, das Rathaus oder das Gesundheitsamt verteilt wird.