Bodensubstrat und Baumartenwahl für klimaangepasste Stadtbaumpflanzungen (BoBaSt)
Das Projekt BoBaSt der Universität Hamburg und ihren Kooperationspartnern untersucht und entwickelt seit 2017 praxisorientierte Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Für zukünftige erfolgreiche Straßenbaumpflanzungen bedarf es detaillierten Wissens über die Zusammenhänge zwischen meteorologischen Bedingungen, Standortcharakteristika, physiologischen Reaktionen sowie Bodenwasserdynamiken im Wurzelraum der Stadtbäume.
Neben dem Projektabschluss 2022 und der Präsentation der Ergebnisse geht es in diesem Jahr auch um die Nominierung zum Bundespreis „Blauer Kompass“ 2022 des Umweltbundesamtes. BoBast konkurriert dort mit weiteren 20 Projekten. Das Online Voting startete am 18.05 und läuft noch bis zum 08.06.2022. Alle weiteren Infos zum Voting erfahren Sie über den Infokasten „Blauer Kompass“ am rechten Seitenrand.
Projektziele
Modellhafte Untersuchungen sollen für ausgewählte Baumarten aufzeigen, wie deren Anpassungsfähigkeit an Trockenheit unter den stadtüblichen Bodenbedingungen zu bewerten ist und wie Bodentrockenheit während der Etablierungsphase des Baumes im Wurzelraum entsteht und sich ausbreitet.
Das Vorhaben integriert bodenhydrologische und pflanzenphysiologische Untersuchungen in einem eigens dafür hergerichteten Feldexperiment in der Baumschule Lorenz von Ehren (Hamburg, Marmsdorf) mit 135 Bäumen (9 Baumarten und Sorten in drei verschiedenen Bodensubstraten) sowie das Monitoring von über 20 Jungbäumen unter realen Standortbedingungen am Straßenrand. Im Vordergrund steht der Bodenwasserhaushalt von Jungbäumen unter Standortbedingungen am städtischen Straßenrand und die Modellierung der hydrologischen Prozesse für zukünftige Klimaszenarien.
Die das Wachstum begrenzenden Faktoren und Anpassungsstrategien von Baumarten gegenüber trockenen Sommern und hydrologisch ungünstigen Standorteigenschaften sowie daraus resultierenden Stress-Symptome und Mortalitätsrisiken werden untersucht, um Empfehlungen für die standortbezogene Auswahl von Baumarten und Anforderungen an zukünftig einzusetzende Bodensubstrate und Standortbedingungen ableiten zu können.
Um in Hamburg und in anderen Städten zukünftig klimaangepasste Stadtbaumpflanzung in der Praxis zu etablieren, wird in einem weiteren Arbeitsschritt bewertet, wie die Empfehlungen angewendet werden können. Dabei müssen auch Antworten für Fragen der Qualitätssicherung und der regionalen Verfügbarkeit von Baumarten und Boden- und Pflanzsubstraten gefunden werden.
Die Projektziele werden in einer Kooperation aus Landesfachbehörde, Bezirksämtern, Baumschulen, Herstellern und Lieferanten von Bodensubstraten sowie Universitätsinstituten erarbeitet und die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen fortwährend in einem Regionalen Verbund von Akteuren und Umsetzungspartnern zur Diskussion gestellt und weiterentwickelt. Im September 2022 ist ein Abschluss-Symposium des Projektes BoBaSt geplant, über das zeitnah an dieser Stelle informieren wird.
1. Experimentalfläche Baumschule
Auf einer eigens dafür eingerichteten Experimentalfläche führt die Universität Hamburg in den Jahren 2019 bis 2021 Untersuchungen an Bodensubstraten, repräsentativ für Stadtbaumstandorte, und an ausgewählten Baumarten bzw. deren Kombination durch. Damit soll festgestellt werden, wie viel Bodenwasser für Bäume an Stadtstandorten überhaupt nutzbar ist und welche Baumarten unter eingeschränkter Wasserverfügbarkeit im Wachstum limitiert sind sowie welche Baumarten geeignete Stressreaktionen zeigen, um Wachstum, Vitalität und Ökosystemdienstleistung aufrechtzuerhalten. Langfristig soll geklärt werden, wie durch Auswahl von regional verfügbaren Bodensubstraten der Wirkung von potentiellem Trockenstress am Stadtstandort besonders effektiv begegnet werden kann.
Die Baumschule Lorenz von Ehren ist maßgeblich an der Durchführung des Forschungsprojektes beteiligt und stellt sowohl die Bäume als auch die Experimentalfläche zur Verfügung, übernimmt deren Herrichtung sowie die fachgerechte Pflanzung und Pflege der Bäume. Die Firma K+E Kompost und Erden GmbH stellt die Bodensubstrate zur Verfügung und ist bei der Einbringung auf den Versuchsflächen beteiligt.
Auf mehr als 6.000 m² wurde ein Versuchsaufbau etabliert, der die Kombination von Baumarten und Bodensubstraten ermöglicht. Für die Untersuchungen wurden zum einen zwei hydrologisch unterschiedliche Pflanzböden, die repräsentativ für Hamburger Jungbaumstandorte sind, ausgewählt und mit einem Referenzboden verglichen. Neun Baumarten wurden in fünf Replikaten in jeden der drei Pflanzböden gepflanzt. Dazu wurden Pflanzgruben ausgehoben (2,5 x 2,5 x 1,2 m) und abwechselnd mit den drei ausgewählten Pflanzböden, i) Reinsand, ii) standardmäßigem Pflanzgrubensubstrat nach FLL und iii) lehmig-schluffigem Oberboden verfüllt. Es wurden die folgenden, sowohl aus heimischer-, als auch aus sommerlich trockenheißer Herkunft stammenden, Baumarten eingesetzt, von denen sechs Baumarten im langjährigen GALK-Straßenbaumtest in Hamburg untersucht werden:
Amelanchier lamarkii
Carpinus betulus Lucas
Geleditsia triacanthos Skyline
Koelreuteria paniculata
Liquidamber styraciflua
Ostrya carpinifolia
Quercus cerris
Quercus palustris
Tilia cordata Greenspire
2. Stadtbaum-Monitoring
Parallel wird mit einem Baummonitoring überprüft, wie weit die Ergebnisse des Feldexperimentes auf die ungünstigen Standortbedingungen am Straßenrand übertragbar sind. Dazu wird der Bodenwasserhaushalts- und pflanzenphysiologische Zustand von jungen und etablierten Bäumen und Baumsorten an definierten Straßenstandorten fortlaufend erfasst.
Das Monitoring-Netzwerk umfasst inzwischen 26 Standorte und wurde bereits im Jahr 2016 im Rahmen des SiK-Projektes (www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank/stadtbaeume-im-klimawandel-sik-klimafolgen) aufgebaut. Es liefert seither stündlich Daten zu Bodenwasserhaushalt und -spannung im Wurzelbereich der Bäume. Die Vitalitätskontrolle der Bäume erfolgt im Rahmen des Projektes und wird durch städtische Routineerhebungen zum Baumzustand (Baumkontrollen zur Verkehrssicherheit) sowie durch ökophysiologische Messungen begleitet. Dadurch wird auch ermöglicht, das Vitalitätsmerkmal „Zuwachs“ auf seine uneingeschränkte Eignung zu überprüfen.
Projektleitung BoBaSt
- Prof. Dr. Annette Eschenbach, Institut für Bodenkunde, Universität Hamburg
Kooperationspartner
- Prof. Dr. Kai Jensen, Angewandte Pflanzenökologie, Biozentrum Klein-Flottbek, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Wolfgang Dickhaut, Umweltgerechte Stadt und Infrastrukturplanung, HafenCity Universität
Assoziierte Verbundpartner
- Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), Hamburg, Stadtbaummanagement, Amt Naturschutz, Grünplanung und Bodenschutz (Annette Wagner, Torsten Melzer)
- Baumschule Lorenz von Ehren (Herr Bernhard von Ehren)
- K+E Kompost und Erden GmbH (Dr. Martin Rubbert)
MitarbeiterInnen am Institut für Bodenkunde
- Dr. Joscha N. Becker
- Alexander Schütt (Doktorand)
- Volker Kleinschmidt (Ingenieur)
- Dr. Alexander Gröngröft (Wissenschaftl. Mitarbeiter i.R.)
Mitarbeiter im Biozentrum Klein-Flottbek
- Dr. Christoph Reisdorff
Fördernde Institution und Projektträger
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, und nukleare Sicherheit (BMU)
- Dauer: 2019 - 2022