Vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen mit Phasen langer Hitze und Trockenheit und deren Folgen für das Stadtgrün hat der AK-Stadtbäume in einem Positionspapier das Thema Wasserversorgung von Bäumen umfassend behandelt. Im Fokus stehen sowohl die innerstädtischen Straßenstandorte als auch Grünanlagen und Grünflächen sowie Stadtwälder. Zudem werden das Substrat und die Gehölzauswahl sowie die Wässerungsmethoden und das Regenwasserman­agement beleuchtet. Die Broschüre ist bei der GALK-Geschäftsstelle erhältlich oder unter Downloads der AK-Seite.


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Volker Lange, Landschaftsarchitekt, Kassel
Das wichtigste für ein optimales Wachstum von Bäumen ist eine ausreichende Versorgung mit Wasser. Nur so können sich Bäume dauerhaft gut entwickeln, blühen, fruchten und ihre positiven Auswirkungen entfalten, z.B. an heißen Tagen durch Verdunstung für Abkühlung sorgen und Schatten spenden. Tatsächlich steht der Vegetation insgesamt, besonders aber den Bäumen als ihren größten Vertretern, bedingt durch den Klimawandel immer weniger Wasser zur Verfügung - gerade in der wichtigen Entwicklungsphase im Frühjahr und Sommer.

Wasserstress Entenwerder Foto Doobe 400x300Auch wenn es den Anschein hatte, dass das Jahr 2020 nicht ganz so extrem trocken war wie die Jahre 2018 und 2019, so ist auch in diesem Jahr deutlich weniger Niederschlag gefallen als üblich – und zwar deutschlandweit. In den meisten Regionen sind nur noch ca. 70-80% des langjährigen Mittels registriert worden. Nur in maritimen Bereichen wie Helgoland, Schleswig und Arkona ist mehr Regen als normal gemessen worden. Nach den beiden Hitze- und Trockenjahren 2018 und 2019 stand für die Bäume also auch 2020 deutlich weniger Wasser zur Verfügung als früher. Auch der schneereiche Winter 2020/2021 ändert an dieser Bilanz grundsätzlich nichts, denn Schnee besteht zum größten Teil aus Luft: Eine 1 m hohe Schneedecke entspricht letztlich nur einem Äquivalent von ca. 100-200 mm Wasser.

Gleichzeitig wiesen alle 3 Jahre eine höhere Durchschnittstemperatur und eine höhere Sonnenscheindauer auf. In Summe bedeutet dies, dass die Wurzeln der Bäume nicht nur durch den geringeren Niederschlag weniger Wasser erhalten haben, sondern auch die erhöhte Verdunstungsrate weiteres Wasser verloren geht. Außerdem versuchen die Bäume die Hitze durch eine stärkere Transpiration auszugleichen, benötigen also mehr Wasser als üblich. Insgesamt eine über viele Monate sehr angespannte Stresssituation für die Bäume, die je nach Standortgegebenheiten entweder zum Totalausfall der Gehölze, erheblichen, nicht revidierbaren Schäden oder einer deutlichen Beeinträchtigung der Vitalität führt. Letztere zieht oftmals einen Krankheits- bzw. Schädlingsbefall nach sich, bei Fichten z.B. den Borkenkäfer.

Während die flächigen Rodungen der abgestorbenen Waldflächen auch Laien auffallen, werden die Schäden an Bäumen in der Stadt von der Öffentlichkeit meist nicht erkannt. Denn bedingt durch die erhöhten Ansprüche an die Verkehrssicherheit werden Bäume dort schneller von Totholz befreit, zuweilen gekappt oder auch gefällt, dann aber i.d.R. schnell wieder nachgepflanzt, so dass nach wie vor der Eindruck einer durchgrünten Stadt entsteht. Tatsächlich aber geht es den städtischen Bäumen nach den 3 Trockenjahren weitaus schlechter als den Bäumen im Wald.

Wassersack HafenCity Foto Doobe 20140830 400x533Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Standortbedingungen in der Stadt, insbesondere an Straßen, erheblich schlechter sind als im Wald oder der freien Landschaft. Durch die meist intensiv versiegelten Flächen steht den Bäumen ohnehin weniger Wasser bei schlechteren Bodenbedingungen zur Verfügung. Selbst offene Baumscheiben oder Grünstreifen sind durch häufiges begehen oder befahren oft verdichtet und lassen den selteneren Regen kaum noch zu den Wurzelhorizonten durch. Hinzu kommt, dass sich der Klimawandel in der Stadt heftiger bemerkbar macht, da urbane Gebiete schnell mehr als 10° wärmer als das Umland sind, Temperaturextreme machen sich dort also schneller und drastischer bemerkbar.

Dem mit dem Klimawandel einhergehenden Wassermangel sind die Bäume hilflos ausgesetzt. Während jüngere Bäume durch eine häufigere Bewässerung noch gerettet werden können, sind dem bei älteren Exemplaren natürliche Grenzen gesetzt. Ausgewachsene Bäume benötigen schnell bis zu 400 Liter Wasser pro Tag, bleibt der Niederschlag über Wochen bei sehr hohen Temperaturen aus, kann diese Menge nicht über eine zusätzliche Bewässerung ausgeglichen werden.

Weiterhin setzt bei Temperaturen von über 45° bei vielen Bäumen der Wassertransport aus, da der Verdunstungssog in den Blättern so stark werden kann, dass die feinen, durch Kohäsion zusammengehaltenen Wasserfäden in den Leitungsbahnen reißen und Luft eintreten kann. Es entsteht eine meist irreversible Embolie, der Baum vertrocknet dann sogar bei ausreichender Bewässerung, da er das Wasser nicht mehr aufnehmen bzw. transportieren kann.

Den Stadtbäumen geht es also nach den 3 vergangenen Trockenjahren überaus schlecht. Insbesondere einheimischen und gern an Straßen verwendeten Arten wie Berg- und Spitzahorn, Esche, Hainbuche, Kastanie, Linde und Vogel-Kirsche, aber auch den vermeintlich robusten Eichen, ist der Wassermangel landauf, landab deutlich anzusehen. Nicht nur im Wald, auch in der Stadt werden die geschwächten Bäume verstärkt ein Opfer von teilweise auch neuartigen Krankheiten und Schädlingen, die schließlich zum Absterben der Bäume führen. Erschreckend ist dabei, dass selbst über 70 Jahre alte, gut eingewachsene, vitale Bäume auf guten Standorten in Parkanlagen durch den Trockenstress innerhalb weniger Jahre komplett absterben können.

Waessern Foto 070916 400x300Die ohnehin schon angespannte Situation wird sich durch den fortschreitenden Klimawandel weiter verschärfen. Etwas Abhilfe kann nur die Schaffung von optimalen, großzügigen, begrünten Baumstandorten und intensiver Bewässerung gerade in der Anwachs- und Jugendphase bringen. Außerdem müssen verstärkt Baumarten gepflanzt werden, die hitze- und trockenheitsresistent sind und damit an die zukünftigen Stressfaktoren besser angepasst.

Der deutschlandweit durchgeführte GALK-Straßenbaumtest des Arbeitskreises Stadtbäume bietet eine wichtige Orientierungshilfe bei der Baumartenauswahl, da hier langjährige Erfahrungen und Beobachtungen einfließen und laufend aktualisiert werden. Durch die Nutzung des interaktiven Straßenbaumtests auf der GALK-Homepage können nicht nur Baumlisten abgerufen werden, sondern auch die individuellen Standorte der jeweiligen Baumarten in den einzelnen Städten betrachtet. Aufnahmen zu unterschiedlichen Entwicklungsphasen und Jahreszeiten runden das Bild ab.


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